Eine komponierte Interpretation für Tenor und kleines Orchester
von Hans Zender
Von Abgründen, in die jeder stürzen könnte...Rahmenprogramm„Die Liebe liebt das Wandern, Gott hat sie so gemacht.“ Auch für die zentrale Figur des Wanderers in der „Winterreise“ beginnt mit dem ersten Lied ein langer und beschwerlicher Weg mit ungewissem Ausgang. Die verlorene Liebe macht ihn, mitten im Winter, obdach- und mittellos. Erinnerungen wie etwa an den berühmten „Lindenbaum", Hoffnungsschimmer auf Frühlingsblumen oder Post von der Geliebten zerstreuen sich im eisigen Wind, er fällt ins Bodenlose. Die Geschichten heutiger Obdachloser – unter ganz anderen sozialen Voraussetzungen – hören sich immer noch ähnlich an.
Die Liedmelodien Schuberts bleiben im Wesentlichen unangetastet, der Klaviersatz hingegen wird nicht nur instrumentiert, sondern eingreifend bearbeitet. Man wird, wie Zender feststellt, eine solche Aufführung als „eine Verfremdung dessen, was wir gewohnt sind“ erfahren. Und eben darum, so wiederum Zender, sei es, als sähe man ein Bild plötzlich „doppelt und dreifach, sozusagen von verschiedenen Seiten, aus verschiedenen Perspektiven.“ Durch das Herumwandern einzelner Musiker durch den Saal wird das Publikum sehr stark in die Aufführung eingebunden.